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Probiotika zur Antibiose

Auswirkungen von Antibiotika auf das Mikrobiom

Schon nach kurzer Antibiose können Veränderungen am intestinalen Mikrobiom lange fortbestehen. Um Kollateralschäden abzuwenden, ist kein PPI als „Magenschutz“, sondern vielmehr ein „Darmschutz“ mit Prä- und Probiotika sowie Glutamin sinnvoll.

Auswirkungen von Antibiotika auf das Mikrobiom

Auswirkungen von Antibiotika auf die Darmflora

Wie sehr Antibiotika die Darmflora stören, hängt von verschiedenen Faktoren wie der Dauer und Dosierung, dem Wirkspektrum und der Darreichungsform ab. Antibiotika-induzierte Störungen der Darmflora äußern sich beispielsweise durch gastrointestinale Beschwerden (Durchfall, Übelkeit, Appetitlosigkeit), Candidabefall bis hin zu pseudomembranösen Enterokolitiden.

Tabelle: Arzneimittel und Mikronährstoffe

Substanz Reduktion der aeroben Darmflora Reduktion der anaeroben Darmflora
Ampicillin +++ +++
Amoxicillin + +
Cefaclor + 0
Cefixim +++ +++
Cefpodoxim-Proxetil +++ +++
Cefuroxim-Axetil + +
Ciprofloxacin +++ +
Clindamycin + +++
Cotrimoxazo +++ 0
Penicillin V ++ +
Tetrazykline +++ +/0

+++ starker Einfluss; ++ mäßiger Einfluss; + geringe Reduktion; 0 kein signifikanter Einfluss

(Abb. nach Uwe Gröber | Buch Arzneimittel und Mikronährstoffe | 4 Auflage)

Selbst zwei Jahre später fielen in einer Stude (PubMed: Clindamycin-induced enrichment and long-term persistence of resistant Bacteroides spp. and resistance genes) noch Unterschiede nach nur siebentägiger Einnahme von 4x täglich 150 mg Clindamycin im Vergleich zur Placebo-Gruppe auf: Zwar ging die Anzahl der Bacteroides-Kolonie bildenden Einheiten innerhalb weniger Wochen wieder auf die Werte vor der Behandlung zurück. Allerdings blieben dramatische Veränderungen hinsichtlich der Diversität sowie Anreicherung resistenter Stämme und Resistenzgene bestehen. Die Forscher beobachteten einen Rückgang isolierter Bacteroides-Arten von 7 auf nur noch 2 nachweisbare Arten an Tag 7. Zusätzlich selektierten und vermehrten sich resistente Stämme. So waren in der Kontrollgruppe 700 der 701 untersuchten Bacteroides-Isolate empfindlich gegenüber Clindamycin. In der Verum-Gruppe nahm die Anzahl resistenter Isolate hingegen von 7 % vor der Exposition auf 95% resistente Isolate unmittelbar nach der Verabreichung zu. Selbst nach zwei Jahren blieb die Häufigkeit einer Clindamycin-Resistenz mit 75% noch auf einem deutlich erhöhten Niveau. Resistente Keime können als Reservoir für Resistenzgene agieren. Diese können sowohl innerhalb der Spezies als auch speziesübergreifend übertragen werden.

Doch bei schweren oder protrahierten bakteriellen Verläufen ist eine Antibiose unumgänglich. Teilweise ist die Verordnung oder Selbstmedikation mit einem Protonenpumpenhemmer als „Magenschutz“ gängiger Usus. Die Einnahme sollte allerdings gut abgewogen werden. Denn sie erhöht insbesondere bei begleitender Antibiose das Risiko für eine Clostridium-difficile-Infektion um ein Vielfaches (PubMed: Differential risk of Clostridium difficile infection with proton pump inhibitor use by level of antibiotic exposure). Bei schweren Verläufen treten blutige Durchfälle auf, die Letalität liegt bei 1 bis 2 % und kann bei geschwächten oder Risikogruppen noch höher liegen.

Um die nachteiligen Effekte auf das intestinale Mikrobiom abzufangen, empfiehlt sich stattdessen die begleitende Einnahme von Probiotika. Zu diesem Ergebnis kamen auch Forscher (Microbiology Society: Effect of adding probiotics to an antibiotic intervention on the human gut microbial diversity and composition: a systematic review), die die Ergebnisse von 29 Publikationen zusammenfassten: Eine begleitende Einnahme hilft nicht nur, die erwünschte Diversität zu erhalten. Sie unterstützen außerdem auch die die Wiederherstellung bestimmter Bakterienstämme wie Facealibcaterium prausnitzii. Dieser nimmt für die Darmgesundheit eine Schlüsselrolle ein und gilt zugleich als entscheidender Keim für die Bewertung der Darmflora-Gesundheit. Bei gesunden Erwachsenen gehört F. prausnitzii mit 5 bis 10 % zu den am häufigsten vorkommenden Arten in der Darmflora.

Auch die Verträglichkeit des Antibiotikums wird durch die Einnahme von Probiotika verbessert. Ein systematisches Review von Goodman (PubMed: Probiotics for the prevention of antibiotic-associated diarrhoea: a systematic review and meta-analysis ) untersuchte den Einfluss von Probiotika auf das Auftreten von Antiobiotika-assoziierten Durchfall. In der gepoolten Analyse konnte die begleitende Einnahme von Probiotika zum Antibiotikum bei Erwachsenen das Risiko für Durchfall tatsächlich um 37 % reduzieren. Die weitere Analyse ergab außerdem, dass höhere Dosierungen und bestimmte Stämme besonders effektiv wirken: Lactobazillen und Bifidobakterien. Insgesamt schlossen die Wissenschaftler aus 42 Studien 11305 Teilnehmer in ihre Metaanalyse ein.

Fazit

Um nach einer Antibiose die Regeneration der Darmflora und das darmassoziierte Immunsystem zu unterstützen, bewährt sich die Einnahme von idealerweise Prä- und Probiotika über 1 bis 2 Monate.

Probiotika:

– Reduzieren das Auftreten antibiotika-assoziierter Diarrhöen
– Normalisieren eine erhöhte Permeabilität des Darms
– Fördern die Sekretion von IgA und stimulieren so die Immunfunktion
– Verdrängen pathogene Erreger an Kolonozyten
– fördern den intestinalen Stoffwechsel, die Produktion von SCFAs und Muzi

Im Idealfall erfolgt die Einnahme daher bereits begleitend zur Antibiose. Patienten sollten dabei einen Einnahmeabstand von zwei bis drei Stunden zwischen Antibiotikum und Probiotikum einhalten. Zusätzlich ist eine gute Versorgung mit Glutamin und Mikronährstoffen (Vitamin A, Biotin) essenziell.

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